unsere Haushaltsrede zum Haushalt Stadt Rheine 2021.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
gleich zu Beginn meiner Ausführungen, möchte ich bereits klarstellen: Die Fraktion Bürger für Rheine, lehnt den Haushalt für das Jahr 2021 ab.
Die Gründe dafür sind vielfältig, doch für uns war hierzu mit ausschlaggebend, dass es so gut wie keine Möglichkeiten gab, über den vom Kämmerer vorgelegten Haushaltsentwurf ausführlich zu beraten. Dies ist natürlich der aktuellen Situation geschuldet, doch gerade deshalb hätte es diesem Haushalt und der Stadt Rheine gut getan, wenn es hier sozusagen bei einer „Fahrt auf Sicht“ geblieben wäre.
Auch die mittelfristige Finanzplanung, die in der Vergangenheit immer ein wichtiger Gradmesser für eine solide Haushaltsführung war, wird durch die Coronakrise sozusagen zur Makulatur. Niemand von uns weiß, welche finanziellen Herausforderungen auf uns als Kommune in den kommenden Jahren zukommen werden. Die Prognosen jedenfalls, die wir tagtäglich von Experten und den Medien zugetragen bekommen, lassen jedoch nichts Gutes befürchten.
Wir befinden uns in einer Situation, die es so in dieser Art und Weise bisher nicht gegeben hat. Dies betrifft nicht nur Bund, Länder und Gemeinden. Nein, wir sind hier nicht alleine, denn auch viele Unternehmen, Soloselbstständige, Mittelständler, Familien, Gruppen und Vereine schauen nahezu perspektivlos in die Zukunft.
Unser Land steht vor der größten Herausforderung seit dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Bis zur immer wieder heiß ersehnten Normalität wird es ein langer und vielleicht auch entbehrungsreicher Weg. Doch wenn man einige Verantwortliche in der Politik hört, dann entsteht leider manchmal der Eindruck, dass ein gewisser Teil von ihnen die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat oder nicht erkennen will.
Leider können wir uns dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass dies auch auf Entscheidungen in der Stadt Rheine zutrifft. Denn das Rathaus mit einem derzeit kalkulierten Kostenaufwand von 65 Mio. Euro umzubauen und sanieren zu wollen, ist eine Entscheidung, die nicht in die momentane Zeit passt, in der vieles ungewiss und unkalkulierbar ist.
Und wenn immer wieder sozusagen durch sagenhafte Rechenakrobatik versucht wird, deutlich zu machen, dass dieser Kostenaufwand sich über Jahre durch den Haushalt trägt, dann kommen wir am Ende allerdings immer wieder zu dem Ergebnis, dass es unter dem Strich und in der Summe bei 65 Mio. Euro bleibt, die sicherlich auch für andere und sogar wichtigere Projekte in unserer Stadt zur Verfügung gestanden hätten.
Ich möchte diese Rechenakrobatik hier nicht im Detail wiederholen. Nur sei an dieser Stelle gesagt, dass jeder Akrobat in seiner Vorstellung den „Salto Mortale“ einbaut. Und wenn dieser „Salto Mortale“ bei der hier gebotenen Vorstellung schief geht, dann möchte ich nicht in der Haut des Akrobaten stecken.
Um bei dieser Darstellung bleiben, dann scheint es wohl mit dieser Vorstellung des Akrobaten schon Probleme zu geben, bevor die Manege überhaupt betreten wird. Denn wenn sich die Angaben bestätigen, die gegenwärtig kursieren, dann wird die Förderung des Landes für den Umbau und die Sanierung des Rathauses erheblich geringer ausfallen, als bisher erwartet und kalkuliert.
Sollte der Förderrahmen also erheblich von dem Betrag abweichen, den die Verwaltung bei der Erstellung des Kostenrahmens genannt hat, erwarten wir eine unverzügliche neue Beratung und Beschlussfassung zum Umbau und Sanierung des Rathauses.
Und schon jetzt erwarten wir, dass alle weiteren Planungen und Vorbereitungen zu diesem Projekt gestoppt werden, und zwar so lange, bis Gewissheit über die konkrete Höhe der Förderungssumme herrscht.
Ebenfalls sei an dieser Stelle anzumerken, dass die Sanierungsbedürftigkeit des Rathauses nicht neu ist. Schon seit Jahren wurde immer wieder angemerkt, dass Vieles marode und sanierungsbedürftig ist. Der Investitionsstau zog sich über viele Jahre dahin, wurde zwar immer wieder dargelegt, jedoch von den Mehrheitsfraktionen nicht weiter beachtet. Anstatt sich dieser Problematik bereits schon vor Jahren vorausschauend zu widmen, hat man es dort vorgezogen, lieber die städtischen Finanzen zu sanieren oder sog. „große Sprünge“ im Haushalt zu vermeiden. Doch jetzt sehen wir deutlich, wohin diese Politik uns geführt hat.
Am Zustand des Rathauses und den damit verbundenen Versäumnissen, bereits Jahre zuvor sukzessive zu sanieren und
umzubauen, sehen wir eines ganz deutlich. Nämlich wie „Kaputtsparen“ in der Wirklichkeit aussieht.
Die Zeche dafür zahlt wahrscheinlich mal wieder der Steuerzahler, denn Ausgaben in dieser Höhe müssen früher oder später auch refinanziert werden. Das dürfte konkret heißen, dass wir in Rheine mittelfristig nicht um Steuererhöhungen herum kommen werden. Wenn dieser Einnahmedarf besteht und ich sage voraus er wird bestehen und zwar schon sehr bald, dann werden namhafte Einnahmen nur über empfindliche Anpassungen bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer möglich sein.
Und dies in einer Zeit, wo bei vielen Familien und Unternehmen nicht klar ist, wohin die Reise geht.
Betrachtet man also diese Gesamtgemengelage und die sich daraus wahrscheinlich ergebenden Folgen, dann haben sich die Mehrheit des Rates und die Verwaltung, mit ihrem Beschluss vom 07.01.2021 möglicherweise in einen finanzpolitischen Teufelskreis katapultiert, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt.
Und dies zum Leidwesen unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Unabhängig davon, erwarten wir in der Stadt Rheine eine Finanz- und Haushaltspolitik, die sich den Herausforderungen der Coronapandemie und vor allem deren Folgen stellt.
Leider finden wir davon in dem hier zur Abstimmung vorgelegtem Haushaltplan sehr wenig.
So würden wir es begrüßen, wenn die Klassenräume in den Schulen der Stadt Rheine mit Raumluftfiltern ausgestattet werden. Der Beschluss des Hauptausschusses vom 21.12.2020, den hierzu gestellten Antrag der UWG abzulehnen, hat sich inzwischen als klarer Irrtum herausgestellt. Dies müsste eigentlich dem letzten Skeptiker spätestens am letzten Samstag klar geworden sein. Denn in der Ausgabe der MV vom 13.03.2020 spricht sich die Virologin des Mathias-Spitals Rheine, Frau Dr. Jana Schröder eindeutig und klar für Raumluftfilter in Schulen aus. Frau Dr. Schröder muss es wissen, denn sie gehört zu den Topvirologen in unserem Land und ist Gast in vielen TV-Talkshows. Das jedoch CDU und FDP und auch die Verwaltung hier nicht den Willen und die Kraft aufbringen, den gefassten Beschluss zum Schutze unserer Kinder in den Rheiner Schulen zu revidieren, ist absolut nicht nachvollziehbar.
Denn wahrscheinlich sind sogar mehr als 65 Mio. Euro notwendig, um diese Herausforderungen auch nur annähernd kompensieren zu können.
So fehlt es weiterhin in Rheine an bezahlbarem Wohnraum für Alleinstehende und Familien. Es werden zwar Baugebiete ausgewiesen oder sind in verschiedenen Bereichen unserer Stadt angedacht. Doch schaut man sich diese Gebiete näher an, dann dienen sie vornehmlich der Eigenheimbebauung und nicht dem Bau von bezahlbarem Wohnraum, den wir in unserer Stadt so bitter nötig haben.
Wir möchten und wollen niemanden den Wunsch nach seinen eigenen vier Wänden verwehren oder den Bau von Eigenheimen sogar verbieten. Nein, wir streben hier ein gesundes Verhältnis von Eigenheimen und gefördertem Wohnungsbau an, so dass für jedem in unserer Stadt ein gutes Wohnen möglich ist.
Denn das von der Stadt Rheine in Auftrag gegebene Wohnraumversorgungskonzept macht sehr deutlich, dass es in unserer Stadt vor allem an Wohnraum im unteren Preissegment mangelt.
Allein für die Jahre von 2021 bis 2025 müssen nach diesem Konzept pro Jahr ca. 470 geförderte Wohnungen in Rheine entstehen, um diesen Anspruch gerecht zu werden.
Herr Bürgermeister, sehr verehrte Damen und Herren, momentan geht bei uns in Deutschland alle 12 Minuten eine geförderte Wohnung verloren. Sei es durch Abriss von Altbeständen oder das vor Jahren geförderte Wohnungen aus der Preisbindung fallen.
Noch vor wenigen Tagen hat sich die Bundesregierung darüber gefreut, dass im vergangenen Jahr wieder mehr geförderte Wohnungen gebaut worden sind. Das ist auf den ersten Blick sogar richtig, doch vergessen wird dabei, dass in der gleichen Zeit auch viele ältere geförderte Wohnungen weggefallen sind. Der deutsche Mieterbund hat dies in seiner Stellungnahme zu dieser Thematik sehr gut veranschaulicht. Machen wir also unter dieser Rechnung einen Strich, dann wird deutlich, dass in der Gesamtbilanz auch 2020 weniger geförderter Wohnraum zur Verfügung steht als 2019.
Auch die NRW-Landesregierung hat seit 2017 die Mittel für den geförderten Wohnungsbau immer weiter reduziert. Schauen wir uns hierzu den Landeshaushalt genauer an, dann beträgt diese Reduzierung inzwischen 41 Prozent.
Vor diesen Ausgangsvoraussetzungen muss die Frage erlaubt sein, wie die Stadt Rheine die Vorgaben aus ihrem eigenen Wohnraumversorgungskonzept überhaupt stemmen will. Wir haben große Zweifel, dass bereits in diesem Jahr das Ziel erreicht wird in unserer Stadt 470 geförderte Wohnungen zu bauen.
Sollten hierzu Bundes- und Landesmittel nicht ausreichen, müssen dafür auch städtische Finanzmittel bereitgestellt werden. Denn nach dem mehrheitlichen Beschluss des Rates, das Rathaus für 65 Mio. Euro zu sanieren und umzubauen, hat zumindest für uns der Satz „Dafür haben wir kein Geld.“, keine Berechtigung mehr.
Deshalb werden wir hierzu Rat und Verwaltung in die Pflicht nehmen und auf die Umsetzung der Vorgaben aus dem Wohnraumversorgungskonzept drängen.
Es sind noch sehr viele andere Herausforderungen in unserer Stadt zu erwarten. Ich nenne da insbesondere die weitere Sanierung von Schulen und den Neubau der Elsa-Brändström-Realschule. Aktuell kommt dazu auch noch die Feuerwehr- und Rettungswache hinzu, die nach dem uns nun vorliegendem Gutachten baulich zur Disposition steht.
Die bauliche Problematik bei der Feuerwehr- und Rettungswache ist ebenfalls nicht neu und seit Jahren bekannt. Auch hier wurde nichts unternommen und man die Zustände zu Kenntnis genommen. Wären hier die Empfehlungen der Gutachter schon vor Jahren beachtet und wenn auch nur in gewissen Teilen umgesetzt worden, würden wir jetzt auch dort nicht vor einem Bau- und Sanierungsstau stehen.
Es könnten hier noch viele andere Themen angesprochen werden, doch angesichts der kostbaren Zeit, möchte ich hier darauf verzichten. Zudem gehe ich davon aus, dass sie den Fraktionen hinreichend bekannt sind.
Dennoch dürfte hoffentlich deutlich geworden sein, warum die Fraktion Bürger für Rheine, dem Haushalt für das Jahr 2021 nicht zustimmen kann und wird.
Wir setzen darauf, die viele der hier genannten Themen erneut auf den Prüfstand kommen, und dass eine Finanz- und Haushaltspolitik in unserer Stadt betrieben wird, die den aktuellen Herausforderungen für die Menschen in unserer Stadt gerecht wird.
Denn die Verlierer in unserer Gesellschaft vor Corona, dürfen nicht die Verlierer der Folgen nach Corona sein.
Vielen Dank!